Männeraußenlager in Salzgitter

Salzgitter-Drütte

Für die Granatenproduktion der Hütte Braunschweig richteten die Reichswerke „Hermann Göring“ im Herbst 1942 ein Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme auf dem Werksgelände in Salzgitter ein, das unter dem Namen „Drütte“ geführt wurde. Ein Vorauskommando von 250 Häftlingen erreichte das Lager am 13. Oktober 1942. Im Zuge des Ausbaus der Granatenproduktion stieg die Zahl der KZ-Häftlinge bis Mitte 1944 auf über 2700 Männer an. Nach einer Vereinbarung der Firmenleitung mit der SS sollten bis zu 3150 Gefangene nach Drütte überstellt werden. Damit war Drütte das größte Außenlager des KZ Neuengamme.

Die Häftlinge, die in Lagerräumen unter einer Hochstraße untergebracht wurden, waren im Stahlwerk und bei der Produktion von Geschoss- und Granathülsen eingesetzt. Die größte Gruppe musste in der Abteilung „Aktion 88“ arbeiten, in der 8,8 cm-Granaten geschmiedet wurden. In diesem hochmodernen Betriebsteil wurden fast ausschließlich KZ-Häftlinge eingesetzt. Daneben waren etwa 500 Männer beim Ausbau der so genannten Halle X beschäftigt. Für die Häftlinge bedeutete der Einsatz in Drütte sehr schwere körperliche Arbeit. In der Produktion wurde rund um die Uhr in drei Schichten gearbeitet. Die große Zahl der Exekutionen, die im überlieferten Totenbuch vermerkt sind, verweist auf die Komplexität der Arbeit, bei der zwangsläufig auftretende Fehler als Sabotage der Häftlinge ausgelegt wurden, für die diese exekutiert wurden. Außerdem kam es in Drütte zu Erschießungen, die zur Tarnung als „Fluchtversuche“ registriert wurden.

Am 7. April 1945 wurde das Außenlager Drütte geräumt. Die Häftlinge wurden gemeinsam mit den Frauen aus dem Außenlager Salzgitter-Bad per Bahn in Richtung Norden abtransportiert. Im Güterbahnhof Celle wurde der Zug mit 3400 Häftlingen am Abend des 8. April 1945 bei einem US-amerikanischen Bombenangriff getroffen. Wegen der Explosion eines benachbarten Munitionszuges und weil die Häftlinge die Waggons, in denen sie eingesperrt waren, nicht verlassen durften, kamen bei dem Angriff mehrere Hundert Häftlinge ums Leben. Diejenigen, die sich aus den Waggons befreien konnten, wurden von der SS und der Polizei, von Angehörigen der Wehrmacht, des Volkssturms, der örtlichen Hitlerjugend und teilweise auch von Celler Bürgern gejagt. 200 bis 300 Häftlinge wurden dabei erschossen oder erschlagen. Die Mehrzahl der Überlebenden des Bombenangriffs wurde ab dem Mittag des 9. April zu Fuß nach Bergen-Belsen getrieben. 300 verletzte, nicht „marschfähige“ Häftlinge wurden weitgehend unversorgt in Baracken der Celler Heidekaserne untergebracht, wo die Überlebenden am 12. April von britischen Truppen befreit wurden.

Lagerführer war zunächst SS Hauptsturmführer Rautenberg, dann SS Hauptsturmführer Hermann Forster, anschließend SS Obersturmführer Arnold Strippel und etwa ab Februar 1945 SS Obersturmführer Karl Wiedemann. Strippels Stellvertreter SS-Scharführer Peter Wiehage war auch für das Außenlager Watenstedt/Leinde zuständig.

Zeitraum

18. Oktober 1942 bis 7. April 1945

Anzahl der Häftlinge

3000 männliche Gefangene

Art der Arbeit

Granatenproduktion

Auftraggeber

Reichswerke „Hermann Göring“

Salzgitter-Watenstedt/Leinde

Für den Arbeitseinsatz von KZ-Häftlingen in den Stahlwerken Braunschweig wurde im Mai 1944 das Außenlager Watenstedt/Leinde des Konzentrationslagers Neuengamme eingerichtet. Das Lagergelände war etwa zwei Kilometer vom Werk entfernt. Zur Unterbringung der Häftlinge wurde ein Barackenlager genutzt, das zuvor als Unterkunft für Zwangsarbeiter gedient hatte. Die SS ließ das Lager von einem Arbeitskommando des Außenlagers Salzgitter-Drütte umbauen und mit einem elektrischen Zaun umgeben. Anschließend wurde das Lager mit etwa 2000 männlichen Häftlingen belegt. Im September 1944 entstand ein weiterer Lagerteil, in dem etwa 800 weibliche KZ-Häftlinge untergebracht wurden.

Die Stahlwerke Braunschweig waren ein eigenständiger Betrieb, den die Reichswerke „Hermann Göring“ 1940 in Kooperation mit dem Oberkommando der Wehrmacht gegründet hatten. In dem modernen und leistungsfähigen Rüstungsbetrieb wurde vor allem Abwurf- und Geschossmunition für die Wehrmacht hergestellt. Die Häftlinge mussten 1944 und 1945 in den Hallen 16 und 17 des Werkes schwerste Arbeiten verrichten.

In den letzten Kriegsmonaten wurde das Lager zu einem Auffanglager für umliegende KZ-Außenlager. Ende 1944 überstellten die Außenlager Braunschweig-Schillstraße (Büssing-NAG) und Braunschweig (SS Reitschule) „arbeitsunfähige“ Häftlinge hierher. Mit der Räumung der Außenlager im Frühjahr 1945 kamen weitere in der Umgebung eingesetzte Häftlinge ins Lager Watenstedt/Leinde.

Als die SS am 7. April 1945 mit der Räumung des Lagers begann, waren mehr als 5000 Häftlinge im Lager. Die Männer wurden zusammen mit den weiblichen Häftlingen des Außenlagers Watenstedt/Leinde in Güterwaggons verladen und in zwei, wahrscheinlich aber drei Zügen abtransportiert. Die völlig überfüllten, zum Teil offenen Güterwaggons waren auf tagelangen Irrfahrten durch Nordostdeutschland unterwegs, bevor sie am 14. April im KZ Ravensbrück ankamen. Viele Häftlinge überlebten den Transport nicht, die anderen kamen völlig geschwächt in Ravensbrück an. Trotzdem wurden die „Marschfähigen“ wenige Tage später zu Fuß in Richtung Westen getrieben. Einige erreichten das Auffanglager Wöbbelin, wo sie am 2. Mai von US-amerikanischen Truppen befreit wurden, andere wurden in der Gegend um Malchow befreit.

Lagerführer war SS-Scharführer Peter Wiehagen.

Zeitraum

Mai 1944 bis 7. April 1945

Anzahl der Häftlinge

2000, gegen Kriegsende bis zu 5000

Art der Arbeit

Granatenproduktion

Auftraggeber

Stahlwerke Braunschweig

virtuelle Ausstellungen

Die Hauptausstellung „Zeitspuren“ sowie die übrigen Ausstellungen der KZ-Gedenkstätte Neuengamme stehen auch in der Mediathek digital zur Verfügung.

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