Polizeihäftlinge

Im Sommer 1943 begann die Hamburger Gestapo wegen der Überfüllung des Polizeigefängnisses Fuhlsbüttel, politische Gefangene in das „Arbeitserziehungslager“ Hamburg- Wilhelmsburg und in das KZ Neuengamme zu verlegen. In Neuengamme bildeten diese „Polizeihäftlinge“ eine eigene Gruppe, die durch Sondernummern mit der Vorziffer „0“ und gelbe Winkel gekennzeichnet wurde. Meist hatten die Polizeihäftlinge halbseitig rasiertes Kopfhaar und trugen eine violette Armbinde mit der Aufschrift „Torsperre“, da sie nicht außerhalb des Lagers eingesetzt werden durften. Viele Polizeihäftlinge wurden nach einigen Wochen oder Monaten ins Hamburger Untersuchungsgefängnis überführt, weil ein Prozess gegen sie durchgeführt werden sollte. Andere wurden als Häftlinge des KZ Neuengamme übernommen oder in andere Konzentrationslager wie Mauthausen und Auschwitz verlegt.

Schwarz-Weiß-Foto: Torhaus des Polizeigefängnis‘ Fuhlsbüttel mit großem Portal und zwei Türmen

 

 

 

 

Eingang Polizeigefängnis Fuhlsbüttel. Ab September 1933 bestand in einem Teil der Strafanstalten in Hamburg-Fuhlsbüttel ein KZ, das später als „Polizeigefängnis“ weitergeführt wurde (ANg).

„Wir alle [Polizeihäftlinge aus Fuhlsbüttel] blieben in Neuengamme zusammen und wurden mit einer Vielzahl anderer Häftlinge in einer Baracke im Zentrallager, unmittelbar am sog. Appellplatz, untergebracht. [...] Die Haftbedingungen waren äußerst schlecht. Einige Beispiele: Außer einer winzigen Brotration (trocken) gab es täglich eine warme Wassersuppe ohne nennenswerten Inhalt. Die Bekleidung bestand aus ausgedienten russischen Uniformteilen, z.T. ohne Knöpfe, so daß ich meine Hose mit einem Draht ‚zubinden‘ mußte. Die Baracke war überfüllt. Da nicht genügend Decken vorhanden waren – aber auch aus Angst vor Diebstahl – schliefen wir in unserer Kleidung, die durch die Arbeit im Freien bei häufigem Regen meist naß war. Wir übernachteten in nebeneinander stehenden Holzetagenbetten mit ‚Strohsäcken‘. Wegen der Überfüllung schliefen in jedem ‚Bett‘ zwei Mann und auf der ‚Ritze‘ einer, also 5 Mann in einem ‚Doppelbett‘; wegen der Enge meist zwei mit dem Kopf am Fußende und drei mit dem Kopf am Kopfende (wie Weinflaschen im Regal). Das sog. ‚Rollkommando‘ sammelte täglich tote Häftlinge ein, um sie ins Lagerkrematorium zu bringen. 13 Dänen wurden am 9. September von Dänemark nach Flensburg überführt und am 14. September mit dem ersten dänischen Transport nach Neuengamme gebracht. Diese 13 waren ‚Polizeihäftlinge‘, es bestand in Neuengamme nämlich eine sehr eigene Kategorie […] mit dieser Bezeichnung. Es waren die einzigen Dänen, die diese Bezeichnung bekamen, und das hatte gewisse Vorteile. Sie wohnten in einer Abteilung im Revier, wo die Verhältnisse ein bißchen besser und freier als in dem übrigen Lager waren, und außerdem hatten sie den Vorteil, daß sie nicht auf Transport geschickt wurden, weil die Polizeihäftlinge immer der Gestapo zur Verfügung stehen mußten, wenn das gewünscht wurde. Sie durften auch nicht zu Fabrikarbeiten außerhalb des Lagers eingeteilt werden […].“

Jørgen H. Barfod, ehemaliger dänischer Häftling, war von Januar bis April 1945 im KZ Neuengamme (u. a. im Außenlager Alt Garge) inhaftiert. Aus: Jørgen H. Barfod: Helvede har mange navne, Kopenhagen 1969, S. 158. Übersetzung.

Biografie: Reinhold Meyer
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