Deutsche Jüdinnen und Juden
Im KZ Neuengamme und seinen Außenlagern waren mehrere hundert deutsche Jüdinnen und Juden inhaftiert. Die jüdischen Häftlinge wurden besonders drangsaliert, was zu einer noch höheren Todesrate als bei den anderen Häftlingsgruppen führte. Die ersten Juden trafen 1940 aus dem KZ Sachsenhausen in Neuengamme ein. Im Frühjahr 1942 wählte eine Ärztekommission jüdische Häftlinge aus, die in Bernburg/Saale mit Giftgas ermordet wurden. Die übrigen deportierte die SS im Herbst des Jahres ins KZ Auschwitz. Eine weitaus größere Zahl jüdischer Häftlinge aller Nationalitäten, insgesamt über 12 000 – in ihrer Mehrzahl Frauen –, kam ab Frühjahr 1944 ins KZ Neuengamme. Viele von ihnen waren in Auschwitz zur Zwangsarbeit im Reichsgebiet ausgewählt worden. Sie wurden in der Regel direkt in die Außenlager bei den vorgesehenen Arbeitsstellen transportiert.
„Karin und ich waren auf dem Weg zur Schule. In den Straßen war es ruhig. [...] Irgend etwas stimmte nicht. [...] In der Nähe der Rentzelstraße trafen wir zwei Klassenkameraden. Sie weinten. [...] So erfuhren wir, daß während der Nacht Deutsche jüdische Geschäfte geplündert hatten, daß sie Synagogen angezündet und entweiht hatten [...]. Es war der 10. November 1938. Wir blieben stehen und redeten. Schließlich entschieden wir uns, daß die Schule heute geschlossen sein müsse und gingen in die entgegengesetzte Richtung zum Bornplatz. Wir konnten schon von weitem Rauch riechen, in unmittelbarer Nähe der großen Synagoge sahen wir größere Gruppen von Männern, einige in SA-Uniformen, einige in Zivilkleidung. [...] Wir gingen an kleinen Läden vorbei und sahen Glasscherben und Waren auf der Straße liegen. Und Deutsche, die dabeistanden und lachten. Um keine Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen, trennten wir uns, und jede ging in einer anderen Richtung nach Hause.“
Lucille Eichengreen, Jüdin aus Hamburg, war von Juli 1944 bis Kriegsende im KZ Neuengamme (u. a. im Außenlager Hamburg- Sasel) inhaftiert.